Mit dem ND Filter schaffst du dir mehr kreativen Freiraum für deine Fotos.
Befreie dich aus dem festen Blende / Zeit Korsett.
Nutze lange Belichtungszeiten trotz offener Blende.
Bring die Dynamik der Bewegungen in deine Fotos.
Nicht nur bei Landschaften und Architekturaufnahmen kannst du mit einem Graufilter neue kreative Effekte erziehlen.
Nach dem du im letzten Artikel alles über den Polfilter erfahren hast, möchte ich dir mit diesem Blogartikel die Graufilter / ND Filter Fotografie näher bringen.
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Was ist ein Graufilter?
Ein Graufilter, auch Neutraldichtefilter genannt, ist eine getönte Glas- oder Kunststoffscheibe die vor ein Objektiv geschraubt oder geschoben wird.
Ein einfaches Funktionsprinzip wie bei einer Sonnenbrille.
Die Bezeichnung ND Filter ist die Abkürzung des englischen Begriffs Neutral Density Filter.
Sie werden genutzt um die Lichtmenge farbneutral zu reduzieren und so längere Belichtungszeiten oder / und größere Blendöffnungen zu realisieren.
Bezeichnung der unterschiedlichen Filterstärken
ND Filter gibt es in unterschiedlichen Abstufungen.
Der kleinste oder besser gesagt der schwächste ND Filter dunkelt um genau eine Blendstufe ab, das bedeutet die durchgelassene Lichtmenge wird halbiert.
Der stärkste Filter den ich gefunden habe verdunkelt um 15 Blendstufen.
In verschiedenen Tabellen habe ich auch schon 16 Blendstufen als maximalen ND Filter gefunden.
Die vollständige ND-Filter Tabelle als kostenloser Download.
Wie du in der Tabelle siehst, gibt es vier verschiedene Bezeichnungen mit denen die Stärke eines Graufilters benannt bzw. beschrieben werden kann.
Die Stärke, der Lichtdurchlass, der Blendfaktor und der Verlängerungsfaktor.
- Die Stärke (z.B. ND 3.0) ist eine Bezeichnung nach der logarithmischen Dämpfungsskala. Ein abstrakter Wert der in der Praxis keine Bedeutung hat.
- Der Lichtdurchlass gibt in % den Anteil des Lichtes an, der vom Filter durchgelassen wird. Interessant zu wissen, aber bei der täglichen Arbeit hilft uns das nicht weiter.
- Der Blendfaktor oder die Blendstufen bezeichnen um wieviele Blenden der Filter abdunkelt. Da für Fotografen Blende und Zeit zum Basiswissen gehören, ist uns dieser Wert geläufig und kann leicht angewandt werden.
- Der Verlängerungsfaktor bezeichnet den Multiplikator, mit dem die Belichtungszeit multipliziert wird, um die Aufnahme mit Filter richtig zu belichten.
In meinen Augen machen die beiden letzten Bezeichnungen für die praktische Anwendung am meisten Sinn.
Leider haben sich nicht alle Hersteller für die selbe Form der Beschriftung entschieden.
Verwendet man ND Filter unterschiedlicher Hersteller muss man genau auf die Bezeichnung achten um den richtigen Filter auszuwählen.
Bei den meisten Herstellen hat sich jedoch bei der Benennung eine Kombination aus der Stärke und dem Verlängerungsfaktor durchgesetzt.
Bei Haida sind die Filter beispielsweise mit ND3.0 1000x beschriftet.
Die für mich sinnvollste Kombination aus Blendfaktor und Verlängerungsfaktor habe ich bisher nur bei Rollei entdeckt.
Allerdings ist hier bei Rollei keine Konsistenz zu erkennen, so das je nach Kaufdatum unterschiedliche Beschriftungen aufgedruckt sind.
Schraub oder Steckfilter?
Je nach Einsatzzweck machen beide Varianten Sinn und haben ihre Vor- und Nachteile.
Machst du in erster Line Landschaftsaufnahmen oder möchtest schnell und flexibel den Filter wechseln, dann ist ein Steckflitersystem für dich die bessere Wahl.
Der ND Filter als runder Schraubfilter* ist dann optimal wenn maximal ein Filter benötigt wird und die Aufnahmebedingungen relativ konstant sind.
Porträtaufnahmen im Studio oder auch outdoor sind hier klassische Szenarien.
Die Anschaffungskosten sind bei einem Schraubfilter deutlich geringer als bei einem Steckfilter.
Wer die Handhabung und Verwendung von einem Graufilter ausprobieren möchte, kann mit einem Schraubfilter kostengünstiger einsteigen.
Glas oder Plastik
Bei den Steckfiltersystemen kannst du dich je nach Vorliebe entweder für Scheiben aus Glas oder aus Kunststoff (Riesin) entscheiden.
Ich habe mich bewusst für Filter aus optischem Glas entschieden und bin mit dem System von Haida sehr zufrieden.
Kunststoff ist leichter und bricht nicht so schnell, dafür sind die Filter deutlich empfindlicher gegenüber Kratzer.
In einem späteren Artikel werde ich die Filtersysteme verschiedener Hersteller miteinander vergleichen.
Welche Effekte kann ich mit einem ND-Filter erzielen?
Wie bereits erwähnt sorgt ein Graufilter durch seine Abdunklung dafür, dass die Blende weiter geöffnet bzw. die Belichtungszeit verlängert wird.
Das klingt, in Zeiten in denen jeder ein möglichst Lichtstarkes Objektiv haben möchte, etwas merkwürdig.
Genauer betrachtet eröffnet es aber unzählige kreative und gestalterische Möglichkeiten.
Die Dynamik von fließendem Wasser oder ziehenden Wolken lässt sich beeindruckend darstellen.

Langzeitbelichtung von einem Wasserfall mit Haida ND Filter.
Wolltest du schon einmal ein Foto von einem Gebäude oder einer Landschaft machen und ständig sind irgendwo in der Szenerie Menschen durchs Bild gelaufen oder Autos gefahren?
Diese Situation ist entweder sehr ärgerlich oder Zeitraubend. Mit einem Graufilter kannst du diese bewegten Störer herausfiltern.
Im Hintergrund vor der Kirche, sind auf dem linken Bild zwei Personen zu erkennen. Auf der zweiten Aufnahme mit ND Filter - 201s Belichtungszeit, sind sie (obwohl vorhanden) nicht mehr sichtbar.In der Porträtfotografie kann es manchmal notwendig sein einen leichten ND-Filter zu verwenden.
Du möchtest beispielsweise mit offener Blende Fotografieren, bist aber an die Blitzsynchronzeit gebunden und müsstest für eine korrekte Belichtung zwei bis drei Blendstufen abblenden.
Mit einem ND0.6 oder ND0.9 kann das Problem ganz einfach gelöst werden.
Ermittlung der richtigen Belichtungszeit mit ND-Filter.
Schritt für Schritt möchte ich dir beschreiben wie eine Aufnahme mit einem Graufilter gemacht werden kann. Je nach Stärke und gewünschtem Effekt gibt es ein paar Kleinigkeiten zu beachten.
1. Kamera für die Aufnahme einrichten
Da es sich bei der Fotografie mit ND-Filtern fast immer um Langzeitbelichtungen handelt ist ein Stativ unbedingt notwendig.
Bei Belichtungszeiten von teilweise mehreren Minuten sollte es sehr stabil sein. Du möchtest sicher nicht, dass Windböen die Aufnahme verwackeln.
Halte eine Okularabdeckung bereit wenn du eine Spiegelreflexkamera verwendest. Einfallendes Licht durch den Sucher kann zu unschönen Effekten in der Aufnahme führen.
2. Basis Belichtungswerte ermitteln
Ab einer gewissen Stärke des Filters (etwa ab ND1.5) kann die Kamerasensorik nicht mehr korrekt arbeiten.
Das bedeutet Scharfstellen und Belichtung messen funktioniert sehr unzuverlässig oder gar nicht mehr.
Um dennoch verlässliche Werte zu ermitteln, werden zuerst alle Kameraeinstellungen ohne ND-Filter eingestellt.
Am besten arbeitest du bei diesem Schritt wie du es gewohnt bist.
Ich arbeite hier in der Regel auch im manuellen Modus der Kamera.
Wie du hier vorgehst ist ganz deiner bevorzugten Arbeitsweise überlassen, am Ende brauchst du aber eine Zeit / Blenden Kombination um sie in den manuellen Modus zu übernehmen.
3. Belichtungszeit für die gewünschte ND-Filterstärke ermitteln
Nachdem du die Belichtungseinstellungen ohne Filter ermittelt und den gewünschten Filter ausgewählt hast, muss die neue Belichtungszeit berechnet werden.
Keine Angst, du musst hier nichts im Kopf ausrechnen.
Nehmen wir an du hast vor einen ND1.8 64x zu verwenden.
Der Filter verringert den Lichteinfall um 6 Blendstufen, um die geringere Lichtmenge auszugleichen muss, für eine korrekte Belichtung, die Belichtungszeit um das 64fache erhöht werden.
Beispiel:
Belichtung ohne Filter: f8 1/15s
Filter: ND1.8 (64x)
Berechnung 1/15s x 64 = 4s
Um schnell den passenden Wert zu erhalten kannst du entweder eine Tabelle griffbereit haben oder du verwendest eine App auf deinem Smartphone.
Jetzt brauchst du nur noch die vier Sekunden in der Kamera einstellen und kannst das Foto machen. Für ein optimales Ergebnis solltest du noch die folgenden Punkte beachten.
- Spiegelvorauslösung verwenden
- Bildstabilisator ausschalten
- Fernauslöser Benutzen
- Sucher abdecken
4. Belichtungszeit mit Filter ermitteln ( alternative Methode )
Wer nicht mit einer DSLR sondern mit einer Systemkamera arbeitet oder gern das Histogramm schon während der Aufnahme auswerten möchte, für den gibt es noch eine weitere Methode um die korrekte Belichtung mit Filter zu ermitteln.
Diese Vorgehensweise ist etwas schneller und komfortabler, hat dafür aber auch ein paar Nachteile.
Wie ich bereits erwähnt habe kann die Kamera bei stärkeren Filtern nicht mehr richtig messen. Autofokus und Belichtungsmessung funktionieren nicht oder sind unzuverlässig.
Wenn man diese Messsensoren außen vor lässt und nur mit dem Bildsensor arbeitet (wie bei Systemkameras auch), kann dieses Problem umgangen werden.
Dazu wird die Kamera einfach im Live View Modus betrieben.
Dies hat drei große Vorteile.
Allerdings auch ein paar mehr oder weniger bedeutende Nachteile mit sich:
Vorteile
- Die Schärfe kann sofort mit maximaler Zoomstufe auf dem Display beurteilt werden.
- Unabhängig der Messfelder kann ich die Schärfe an einen beliebigen Punkt setzen.
- Das gleichzeitig eingeblendete Histogramm zeigt mir sofort die Belichtungsverteilung und es kann durch einstellen der Belichtungszeit optimal positioniert werden.
Nachteile
- Die Zeiteinstellung ist nur bis maximal 30 Sekunden möglich.
- Der Sensor wird durch den „Dauerbetrieb“ schneller warm, das wiederum führt zu schlechterem Rauschverhalten.
- Der Akku der Kamera wird deutlich stärker belastet und ist schneller leer.
Trotz der Nachteile nutze ich sehr gern eine Kombination aus beiden Methoden. Für die Einrichtung der Kamera, zur Scharfstellung, zur Beurteilung und Optimierung des Histogramms.
Das ganze führe ich mit allen notwendigen Filtern, aber ohne den Graufilter durch.
Ich baue mir im Live View nach und nach mein Filtersetup zusammen.
Als erstes kommt (wenn notwendig) der Polarisationsfilter, im nächsten Schritt folgen dann meist ein oder zwei Verlaufsfilter.
Das Histogramm ist beim Positionieren des Verlaufsfilter eine große Hilfe.
Sobald das alles steht habe ich meine Basis Blende-Zeit Kombination und kann mit Punkt 3 "Belichtungszeit für die gewünschte ND-Filterstärke ermitteln“ fortfahren.
Hier nutze ich dann entweder meine Tabelle mit den Belichtungszeiten oder eine App auf meinem iPhone.
Den ND-Filter mit einem Timer einsetzen
Die meisten Kameras lassen sich nur auf maximal 30 Sekunden Belichtungszeit im Manuellen Modus einstellen.
Braucht man eine längere Belichtungszeit muss man in den Bulb Modus wechseln.
Dort wird solange belichtet wie der Auslöser gedrückt wird. Mit einem einem einfachen Fernauslöser könnte das unter Zuhilfenahme einer Stoppuhr zwar bewerkstelligt werden, wäre aber nicht wirklich komfortabel.
Deutlich eleganter lässt sich das mit einem Timer erledigen. Ein Timer ist eine Kombination aus Kabelfernauslöser und Stoppuhr. Ein Funkauslöser ist am komfortabelsten und kostet auch nicht besonders viel.
- FSK 2.4GHz Funktechnologie, 32 Kanäle, Übertragungsdistanz bis 100m
- Einzelauslösen, High Speed/Low Speed Serienaufnahmen, Langzeitbelichtung (Bulb), zeitverzögertes Auslösen (Delay), zeitgesteuertes Auslösen (Timer)
- Elegantes flaches Design, beleuchtetes kratzfestes LCD-Display, austauschbares Anschlusskabel
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Selbst die einfachsten und preiswertesten Timer können für diese Zwecke ausreichend programmiert werden. Bei eingestellter Spiegelvorauslösung kann eine Beruhigungspause von 2-3 Sekunden einprogrammiert werden.
Anschließend startet er die Aufnahme und beendet nach der eingestellten Zeit die Belichtung. Bei Bedarf kann die ganze Sequenz beliebig oft, automatisch wiederholt werden.
Einen ND-Filter Kalibrieren
Nicht alle ND-Filter haben in der Praxis genau den Wert der ihnen aufgedruckt ist.
Geringfügige Abweichungen können daher eine Korrektur des Verlängerungsfaktors notwendig machen.
Diese Kalibrierung kannst du mit wenigen Aufnahmen für jeden deiner Filter ganz einfach durchführen.
Zuerst wird bei konstanten Lichtverhältnissen eine Aufnahme von einer weißen Wand gemacht.
Am besten machst du das mit manueller Fokussierung und stellst das Objektiv unscharf.

Bei korrekter Belichtung erzielt man damit ein 50% iges Grau.
Das Histogramm sollte nur einen einzigen Peak, etwa in der Mitte haben.
Mit aufgesetztem ND-Filter wird nun eine Aufnahme mit dem aufgedruckten Verlängerungsfaktor des Filter gemacht.
Im Anschluß werden beide Histogramme miteinander verglichen. Sollten die beiden Peaks nicht deckungsgleich sein, muss die Belichtungszeit solange verändert werden bis kaum ein Unterschied zu sehen ist.
Über die Differenz zwischen Soll und Ist Zeit lässt sich der neue Verlängerungsfaktor leicht errechnen. Diesen ermittelten Wert kannst du dir für diesen Filter notieren und bei zukünftigen Aufnahmen anwenden.
Ob es Sinn macht diese Korrektur zu ermitteln und zu verwenden musst jeder für sich selbst entscheiden.
Bei qualitativ hochwertigen Filtern sollte sich der Unterschied in Grenzen halten.
Ich habe für meine Graufilter einmal diesen Wert ermittelt, verwende ihn aber normaler Weise nicht.
Der Unterschied ist einfach zu gering.
Bei Aufnahmen über mehrere Minuten und Filter mit hoher ND Stärke fällt die Differenz entsprechend größer aus.
Mein Ratschlag ist, den Wert zu ermitteln und zu notieren, aber nicht bei jeder Aufnahme ganz penibel mit dieser Korrektur zu arbeiten.
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Wow.. sehr ausführlicher Beitrag, vielen Dank! Ich fliege demnächst nach Island und habe mich deshalb auch erst intensiv mit dem Thema ND-Filter auseinandergesetzt. Fast unverzichtbar um Wasserfälle und co zu fotografieren 🙂 In einem Video habe ich meine Erfahrungen und Tipps zusammengefasst und freue mich über Feedback! https://www.youtube.com/watch?v=YbXnrZt5HAU